5. Große Kastrations-Aktion in Bulgarien, Stadt Kazanlak, Oktober 2007
Alle Kastrations-Aktionen in Kazanlak sind immer ein Gemeinschaftsprojekt in Zusammenarbeit mit der TIERHILFE SÜDEN e.V. DEUTSCHLAND und der TIERHILFE SÜDEN AUSTRIA e.V.
In einer Woche 98 Tiere kastriert ...
Weil unsere Dr. Gergana Tscherneva Anfang Oktober dringend bei der ersten,
behördlich genehmigten Kastrations-Aktion in Sarajevo, in Bosnien, im
Auftrag der TIERHILFE SÜDEN arbeitete, konnten wir unseren Termin in
Kazanlak erst Ende Oktober wahrnehmen. Auch hier kastriert seit einem Jahr
der Gemeindetierarzt, Dr. Genko Mirev, in unserem Auftrag mittlerweile
ganzjährig.
Keine Tiere bei Regen ...
Bei unserer Ankunft in Sofia wurde uns dann schon etwas mulmig: das Wetter
war nicht auf unserer Seite. Regen, Sturm, Eiseskälte, am Abend der erste
Schnee ...
Das wird schwierig werden, die Hunde einzufangen. Auch Dr. Mirev schaute
recht skeptisch drein. Wir versuchten uns damit aufzumuntern, dass wir uns
einredeten, der Regen wird ja bald aufhören. Am Sonntag früh beim ersten
Blick aus dem Fenster, es schüttet!
Es sind weder Hund noch Katz’ zu sehen, alles verkriecht sich vor dem
Regen.
Die Menschen helfen mit ...
Doch es hilft nichts, die Tiere müssen eingefangen werden, wir sind ja
nicht auf Urlaub in Kazanlak. Zum Glück erfüllt sich unsere Hoffnung - die
Hilfe der Bevölkerung, von der Gemeinde wieder über unsere
Kastrations-Aktion informiert, funktioniert schon ganz gut.
Dr. Mirevs Telefon läutet pausenlos, die Zwinger füllen sich langsam mit
Tieren.
Wir selbst, das sind Gabi Surziiza und Sylvana Stierschneider aus Wien, von der TIERHILFE SÜDEN AUSTRIA, sind wie üblich im Dauerstress; Futter besorgen oder pausenlos im Second-Hand-Shop Decken organisieren, denn bei diesem Wetter trocknet einfach nichts. Unsere Hunde brauchen es jetzt warm und weich! Wir müssen auch die wartenden Tierpatienten füttern und mit Streicheleinheiten trösten und verwöhnen. So geht es die ersten drei Tage, meistens nass bis auf die Haut, dabei schweres Kopfzerbrechen wegen des Einfangens der Miezen. Das wird dieses Mal nichts werden mit den Katzenfallen, denken wir, doch das Glück ist dann doch auf unserer Seite.
Die Sonne kommt, die Tiere kommen ...
Veterinärin Gergana brachte aus Sofia nicht nur Assistentin Kristina, sondern auch die Sonne mit. Endlich, mit Beginn der Kastrations-Aktion wurde es fast wieder Sommer. Eine riesige Erleichterung für uns alle.
Die „Katzenmütter“ helfen mit ...
Um das Einfangen der Samtpfoten haben wir uns umsonst gesorgt, mittlerweile haben auch die menschlichen „Katzenmütter“ von Kazanlak begriffen, dass Kastrieren die einzige Möglichkeit ist, das Elend einzudämmen. So fingen sie die Maunzer, die sie füttern, selber ein. Wir mussten sie nur noch aus diversen Garagen, Kellern und Schuppen abholen.
Sobald die Katzen wieder munter waren, brachten wir sie zu ihren angestammten Plätzen zurück. Die vergangenen Diskussionen über das Thema Kastrationen sind endlich auch bei den Bulgaren angekommen. Man bringt die Tiere freiwillig.
Städtisches Tierheim „Villa Dotschko“ ...
Nach den Kastrationen werden die Tiere - wie mit den Tierärzten und Personal vor Ort ausgemacht - zum Ausruhen und Stärken in einzelne Zwinger, mit Stroh und Decken ausgelegt, gebettet. Für diesen Zweck müssen natürlich die Decken oftmalig gewaschen werden und es freut uns, dass wir die von uns im letzten Jahr gekaufte Wasch-maschine dazu be-nützen können.
Groß ist immer die Freude, wenn wir auf den Straßen von Kazanlak „unseren“ Straßenhunden mit Ohrmarken begegnen. Es ist ein Zeichen dafür, dass wir gute Arbeit geleistet haben und die Tiere hier überleben können.
Der Blick über den Zaun zum bösen Nachbarn ...
Vor genau einem Jahr fanden wir hier im Nachbargrundstück Welpen an der Kette, ohne Unterstand, ohne Futter, das tiefste Elend. Die Hundebabys starben damals, nachdem wir sie befreien konnten, in unseren Armen. Bald darauf hatten die Leute wieder Welpen an der Kette hängen. Unserem Tierarzt gelang es damals wenigstens, dass sie die Welpen im Garten frei laufen
ließen. Die Mutterhündin hatte weniger Glück. Sie war ihr Leben lang an der Kette an einem Baum angehängt, im Stamm sind noch die tiefen Rillen von der Kette. Der Besitzer hat die tote Hündin einfach dort verbrannt, wo sie jahrelang ihr Leben fristen musste. Sie wurde 5 Jahre alt. Fünf Jahre leiden - kein Dach über dem Kopf, egal ob sengende Sonne oder eisiger Schnee. Immer ohne Schutz, nie ein liebes Wort, nie ein Streicheln, nie laufen und spielen können.
Die Geschichte von Klein „Puppy“ ...
Dafür brachte uns diese Nachbarin einen Welpen ins Tierheim, eingepackt im Plastiksack, wie Müll. Den Kleinen habe sie angeblich zusammen mit seinen Geschwistern irgendwo gefunden, die anderen Tiere seien schon gestorben. Der Welpe ist krank, ob wir etwas machen könnten.
Natürlich! Wir sind uns schnell einig; wenn er es schafft, bekommt sie ihn nie mehr zurück! Das Wunder geschieht, diese Handvoll Hund überlebt die Nacht, eingebettet zwischen Wärmflaschen, beginnt er schon zu fressen. Sein sogenanntes Frauchen kommt am Abend wieder, wir vertrösten sie auf den nächsten Tag, er braucht noch Medikamente und ärztliche Betreuung, sagen wir. Aber was machen wir mit dem kleinen Wurschtel, wenn wir ihn nicht zurückgeben?
Zu klein zum Ausreisen ...
Nach Österreich können wir ihn noch nicht mitnehmen, er ist noch viel zu jung und auch krank. Im Tierheim kann er auch nicht bleiben, das gibt Ärger. Guter Rat teuer? Unsere Gergana wird ihn nach Sofia mitnehmen und der Nachbarin sagen wir einfach, er ist gestorben. Basta! Die ganze Belegschaft der „Villa Dotschko“ fing zu strahlen an, allen war klar, dass es die einzige Chance für Klein „Puppy“ ist, zu überleben. Als wir dem Kleinen dies erzählen, stürzt er sich über sein Futterschüsselchen und interessiert sich plötzlich für sein Spielzeug. Er hat verstanden!
Es konnten trotz der anfänglich widrigen Wetterumstände doch 98 Tiere kastriert werden. Für Klein „Puppy“ fing das Leben an, und eine Unzahl von Welpen wird erst gar nicht zum qualvollen Sterben geboren werden müssen.
Der Abschied von unseren Tieren ...
Wir verwöhnten in der restlichen Zeit noch unsere Tierpatienten und auch die Straßenhunde mit selbstgekochtem Futter, Leckerlis und Streicheleinheiten und verabschiedeten uns, wie immer schweren Herzens, mit allerlei Ermahnungen, brav sein, aufpassen, keine Katzen jagen, nicht vor ein Auto laufen, gesund bleiben. Wir vergessen euch nicht, wir kämpfen und betteln weiter für euch. Wir kommen ganz bald wieder! Spätestens im Frühjahr 2008. In der Zwischenzeit haben wir in Kazanlak weit über 800 Straßentiere kastriert.
Bitte helfen Sie uns weiterhin, damit wir wieder unser Versprechen an die Straßentiere von Kazanlak einlösen können.
Ihre Sylvana Stierschneider und Gabriele Surzitza aus Kazanlak - Wien
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